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Erniedrigte und Beleidigte

frei nach Fjodor Dostojewski

Wanja ist Schriftsteller, doch mit dem Schreiben hapert es. Seitdem er versucht, ausgeflaggte Literatur zu produzieren, will ihm einfach kein Roman mehr gelingen. Doch das soll sich nun ändern – der Clou: er will einen autobiografischen Roman schreiben, in dem er selbst gar nicht vorkommt! Fieberhaft versucht er sich in der Rekonstruktion der Ereignisse und wird nun doch ungewollt ein Teil der Geschichte.

Mehr noch, er stößt zunehmend auf Widerstand; die Figuren seines Romans wehren sich gegen die feindliche Übernahme ihrer Erzählung – immerhin hat der Autor in seinem Text doch nichts zu suchen! Während Wanja die Deutungshoheit über sein Manuskript verliert und dieses mehr und mehr anfängt, ein Eigenleben zu führen, finden sich seine schlichten Helden auf den trostlosen Straßen St. Petersburgs wieder und begeben sich eben nicht auf die Suche nach ihrem Glück, so wie es der Schriftsteller eigentlich vorgesehen hatte…

Gelingt es Wanja, die Figuren von der Notwendigkeit seiner Autorschaft zu überzeugen oder wird er von ihnen noch mehr erniedrigt und an der Peripherie seiner eigenen Geschichte ausgesetzt?


Regie: Sebastian Börngen | Dramaturgie: Elisabeth Schaber | Es spielen: Sarah Ahlschwede, Madeleine Brandt, Sabine Hennig, Alexander Range, Josef Weitenbörner


Hamburger Abendblatt (asti): „Die Videoprojektion, das Chaos und der Revuecharakter sind erkannbar bei René Polleschs fröhlicher Berliner Volksbühnen-Anarchie abgeschaut. Das schadet aber nicht. Die fünfköpfige Truppe der Off-Bühne rettet den Stoff in der Regie von Sebastian Börngen derart respektlos und lebendig ins Heute, dass es eine Lust ist, zuzusehen.


LVZ (Jennifer Hochhaus): Regisseur Sebastian Börngen setzt den tiefsinnigen Diskussionen gekonnt kuriose Details entgegen. In den 75 Minuten wimmelt es von komischen Momenten. Das sind mal die überzeichneten Mimiken der fünf ausgezeichneten Schauspieler, mal die golden-grässlichen Kostüme, mal die abstrusen Einzelheiten einer Situation. Das alles führt dazu, dass Dstojewskis Geschichte hier nicht allzu ernst genommen wird. Diese Leichtigkeit macht den Charme der Inszenierung aus.“


Chronisch Kranke, Rollstuhlfahrer und geschiedene Paare mit Kindern. Sie alle fallen im Bedarfsfall unter die neue Härtefallregelung nach dem SGB II und können Geld für Salben gegen Neurodermitis, Hygieneartikel, Putz- und Haushaltshilfen oder Fahrt- und Übernachtungskosten beantragen. Aber was ist mit der Frau im brandneuen Louis Vuitton-Look, die über die Straße hetzt um sich dringend noch mehr Kleider zu kaufen, obwohl ihr Schrank bereits überquillt? Oder der Beamte, der heimlich in die Tochter seines Chefs verknallt ist, von dem er täglich schikaniert wird? Was ist mit bestimmten Politikern, Sportlern oder Popstars; was ist mit der nervigen Kassiererin, den komischen Nachbarn aus der zweiten Etage oder diesem abgefuckten Typen, dem ich ständig begegne? Wer oder was ist überhaupt ein Härtefall? – In der Spielzeit 2010/11 wollen wir uns auf die Suche begeben, nach den härtesten, normalsten, offensichtlichsten und verstecktesten Härtefällen.