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Sagt Lila

nach dem gleichnamigen Roman von Chimo

„Ich bin das Gegenteil von Jeanne D´Arc,
meine Stimmen kommen nicht vom Himmel
und sie predigen mir Liebe, nicht Krieg.“
Lila in „Sagt Lila“

Willkommen in den Betonwüsten unserer Großstädte. Irgendwo im Sprachraum zwischen „Fick dich du Nutte!“ und „Wozu denn überhaupt aufstehen?“ – irgendwo im Takt der Gleichklänge der Fernsehapparate, die vom unerreichbaren großen Geld träumen machen. Hier trifft der junge Araber Chimo auf Lila, einen „Engel mit Nuttenschnauze“, die aus dem Nichts heraus plötzlich bei ihrer verrückten „Christentante“ wohnt und mit ihrer pornographischen Sprache nicht nur Chimos Leben völlig auf den Kopf stellt. Zwischen den beiden entwickelt sich eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, die sich immer wieder hinter verrohter Sprache und Klischees verstecken muss, um nicht von der Trostlosigkeit und Gedankenarmut ertappt zu werden, mit der sich alle außer Chimo und Lila abgefunden haben. Und am Ende scheint doch alles zum Scheitern verurteilt, bevor es überhaupt richtig begonnen hat.

Die Inszenierung basiert auf einem Roman, der Mitte der Neunziger durch einen Rechtsanwalt in zwei gewöhnlichen blauen Schulheften einem französischen Verlag überbracht wurde. Chimo heißt der bis heute unbekannte Autor und Protagonist des Buches, der wahrscheinlich als Kind der Banlieue seinen autobiographischen Text schrieb.


Regie: Julia Lehmann | Es spielen: Bilal Narat, Katrin Wiedemann


Kreuzer (Torben Ibs): „Mit wenigen Mitteln entsteht ein dichter Abend, jenseits des kalt sezierenden Sex-Intellektualismus eines Houllebecq, aber nicht minder ergreifend. Ein kurzes, knackiges Stück fernab der alles verdauenden Studierstuben, die einem oft das Theaterleben schwer machen.“


Chronisch Kranke, Rollstuhlfahrer und geschiedene Paare mit Kindern. Sie alle fallen im Bedarfsfall unter die neue Härtefallregelung nach dem SGB II und können Geld für Salben gegen Neurodermitis, Hygieneartikel, Putz- und Haushaltshilfen oder Fahrt- und Übernachtungskosten beantragen. Aber was ist mit der Frau im brandneuen Louis Vuitton-Look, die über die Straße hetzt um sich dringend noch mehr Kleider zu kaufen, obwohl ihr Schrank bereits überquillt? Oder der Beamte, der heimlich in die Tochter seines Chefs verknallt ist, von dem er täglich schikaniert wird? Was ist mit bestimmten Politikern, Sportlern oder Popstars; was ist mit der nervigen Kassiererin, den komischen Nachbarn aus der zweiten Etage oder diesem abgefuckten Typen, dem ich ständig begegne? Wer oder was ist überhaupt ein Härtefall? – In der Spielzeit 2010/11 wollen wir uns auf die Suche begeben, nach den härtesten, normalsten, offensichtlichsten und verstecktesten Härtefällen.