Björn Bicker: Aminas Lächeln

Lesung | Verlag Antje Kunstmann | im Rahmen von Leipzig liest

Foto: Verlag Antje Kunstmann

Was bedeutet Herkunft, was Heimat, was Sprache? Björn Bickers Erzählungen treffen mitten ins Herz, sie sind schonungslos und von einer großen Wärme und zeigen uns, dass die Liebe vielleicht die einzig verlässliche Gewissheit ist. Und das Erzählen. Amina hält es nicht mehr aus und schlägt in der U-Bahn einen Mann nieder, der ihr ins Gesicht gespuckt hat. Aber hat er ihr ins Gesicht gespuckt? Warum greift Igor, der in Fatmas Theater AG so hilfsbereit und aufmerksam war, plötzlich einen Mitschüler mit dem Messer an? Was ist mit dem Mann, der als Kind in eine Pflegefamilie gekommen ist, warum schweigen die Stimmen in seinem Kopf nicht? Und warum hört ein vierjähriges Kind auf zu sprechen? Manchmal ist es nur ein Satz, der ein Leben auf den Kopf stellt. Wie bei Eva und Ada und ihren beiden Kindern, als Eva sagt: Kinder, Arne, Lotta, wollt ihr Ingo nicht einfach Papa nennen?

Die Menschen in diesen zehn Erzählungen behaupten auf ganz unterschiedliche Weise ihren Platz und ihre Identität in einer Gesellschaft, in der sie als anders wahrgenommen werden, sei es, wegen ihrer sexuellen Orientierung, weil sie arm oder krank sind, oder sei es, weil ihre Eltern oder Großeltern einst aus einem anderen Land gekommen sind. Sie studieren, sie arbeiten als Lehrerin, im Theater, an sich selbst, als Anwältin, Reinigungskraft oder Fotografin. Und sie kämpfen mit sich, mit der Gesellschaft, um das, was sie ausmacht: ihre Menschlichkeit.

Björn Bicker studierte Literaturwissenschaft, Philosophie und Allgemeine Rhetorik in Tübingen und Wien. Danach arbeitete er als Dramaturg am Wiener Burgtheater und den Münchner Kammerspielen und als freier Autor, Künstler und Theatermacher. Seit 2021 ist er Professor für „Kulturarbeit und Community Building“ an der HAW Coburg. Zuletzt erschienen: „Was glaubt ihr denn. Urban Prayers“ (2016). Er lebt mit seiner Familie in München.