description

Fallsucht

Autobiografische Performance | von schaefer||scherpinski

„Und meine Beine, die ich so wenig in der Gewalt
hatte wie irgendein andres Glied, zuckten und
tanzten in einer anrüchigen unpassenden Lust,
die ich gar nicht empfand, unbeherrscht war sie,
war alles an mir, unbeherrschbar ich.“

(Christa Wolf: Kassandra)

In der autobiografischen Performance Fallsucht erzählt Lara Scherpinski von einer Krankheit, die von der Aura des Geheimnisvollen umgeben ist: Epilepsie. Heilig, prophetisch, sündig, unbändig, von Dämonen besessen. Der absolute Kontrollverlust im Denken, Fühlen und Erleben. Eine menschliche Urangst, materialisiert in einer Krankheit, die den Frieden bedroht. Es ist dieses Unbeherrschbare, das unsere Gesellschaft immer wieder zu bewältigen sucht, indem sie es von sich wegstößt, in DIN-Passformen bringt oder sogar als Lebensform disqualifiziert.

Lara untersucht in Fallsucht ihren Körper als Archiv von Familien- und Kulturgeschichte, als Sammelbecken von Mythen und gesellschaftlichen Debatten um Normalität und Andersartigkeit. „Ich packe meinen Koffer“: Laras Erinnerungskoffer wird mit jeder Aufführung voller und schwerer. Sie sucht nach der ästhetischen Darstellbarkeit eines inneren Zustandes, der zwischen Ekstase und Schmerzen, zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit oszilliert und sie in eine gesellschaftliche Isolation verbannt. In Form von Ritualen und Selbstversuchen, die immer bizarrere Züge annehmen, ergründet sie ihre Andersartigkeit und die gesellschaftlichen Dynamiken, die diese Andersartigkeit kreieren.


Konzept: schaefer||scherpinski | Performance: Lara Scherpinski | Regie: Annika Schäfer | Dramaturgie: Meret Kündig | Ausstattung: Tom Schellmann | Musik: Chiara Strickland | Assistenz: Paula Korneck


Steffen Georgi | Leipziger Volkszeitung | 05.11.2019: „Es ist eine fühlbar gemachte Atmosphäre des Fremdseins im Gewohnten, die hier entsteht. Eines oft auch amüsanten aus der Norm-Fallens, das irgendwo zwischen Bedrängnis und Befreiung changiert. Eine Befreiung auch hin zu einer Form höherer Klarsicht und (Selbst-) Erkenntnis. … ‚Fallsucht‘ ist eine Performance der es mit Bravour gelingt, von Larmoyanz und Betroffenheitsnötigung völlig frei zu bleiben, und das
ist bei dem Sujet wahrlich nicht selbstverständlich; die auf unaufdringlichste Weise Empathie zu wecken vermag – und gut zu unterhalten außerdem.“


Eine Kooperation der Cammerspiele Leipzig und der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg. Gefördert von der Kunststiftung Baden-Württemberg, der StiftungErlebnisKunst, Stadt Leipzig Kulturamt und der LEIPZIGSTIFTUNG. Mit besonderem Dank an die SHG-Epilepsie Leipzig und die IKK Classic.


Das Gastspiel in Dresden wird in Kooperation mit der LAG LH Sachsen realisiert, unterstützt von der Techniker Krankenkasse.


Das Gastspiel bei Theaternatur 2020 wird gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.